Marathon des Sables
(10. - 18.4.2016)


BERICHT VON SEMJON UND NADINE

Hallo Michael & Claus-Runners !

Jetzt haben wir den ersten echten Ruhetag hinter uns, nachdem wir vorgestern noch einmal die knapp 18km zurücklegten. Die Teilnehmermedaille ist im Koffer !

Uns geht es den Umständen entsprechend sehr gut; wir haben bis auf die Blessuren an den Füßen kaum nennenswerte Beschwerden. Im Vergleich dazu mutete der Gang manch anderer Teilnehmer zum gestrigen Frühstück doch sehr abenteuerlich an.

Im Rennen sind wir unserer am Anfang festgelegten Linie bis zum Schluss treu geblieben - in jedem Fall zusammen zu bleiben; so viel wie möglich zu traben, und primär im Ziel anzukommen, ohne sich groß um Ergebnisse und Platzierungen Gedanken zu machen. Der erste Vorsatz kam vor allem mir zu Gute, denn Nadine war seit den ersten Kilometern der ersten Etappe mit wenigen Ausnahmen tendenziell deutlich schneller/stärker unterwegs, und hätte es ohne mich sicher in die Top100 und die weibliche Top10 geschafft.

Eine typische Etappe sah so aus, dass wir irgendwo im Mittelfeld des Feldes im entspannten Tempo (6:30min/km bis 7min/km) anliefen, und spätestens ab km 5 bis hin zur Ziellinie anfingen, hunderte Leute einzusammeln, weil sie jeden Tag aufs Neue viel zu schnell angingen, und irgendwann nur noch wandern konnten. So schafften wir es jeden Tag relativ weit nach vorne, obwohl wir uns eigentlich an fast jeder Wasserstation mächtig Zeit zum Essen und Trinken nahmen (täglich mindestens eine halbe Stunde), während viele andere durch die Checkpoints jagten, ohne wirklich durchzuatmen. Manche Stellen war ganz gut zum Laufen geeignet; andere (Dünen; felsige Anstiege; sandige ausgetrocknete Flussbetten etc.) konnte man als nicht Top10-Läufer nur im Gehen bewältigen.

Im Verlauf des MDS hatten Nadine und ich unsere Höhen und Tiefen, inklusive auf der langen Etappe, auf der ich zunächst in der Mittagshitze bei km 30-40 in der Nähe eines Kreislaufzusammenbruchs war, um nach 55-60km bei immer kühlerem Wetter wieder immer besser durchzustarten, während Nadine die letzten 30 Kilometer immer schwerer fielen, und sie sich auf den letzten 15km nach 14h Laufzeit nur noch ins Ziel rettete - trotz allem noch im zügigen Lauftempo, während viele Teilnehmer in unserem Bereich den Rest der Strecke gehend beendeten - von den armen Seelen, die am nächsten Tag nach 25h-30h und mehr ins Ziel humpelten, ganz zu schweigen.

Insgesamt war der MDS eine einmalige (Betonung auf einmalig !!) Erfahrung, die es wert war, gemacht zu werden - auch für Nicht-Ultraläufer wie uns. Physisch kann man, wenn man fit ist und einige lange Trainingsläufe mit dem Rucksack (vor dem Start der ersten Etappe immerhin ca. 10kg schwer; am Ende noch um die 4-5kg) gemacht hat, den MDS bewältigen. Psychisch muss man darauf vorbereitet sein, in der einen Woche die vielen kleinen und großen Widrigkeiten in Kauf zu nehmen – im Rennen v.a. die Sonne (mit 35-40 Grad hatten wir dieses Jahr noch Glück), und den Untergrund. Auch darf man sich niemals (!) vor Augen führen, wie viele km noch zu absolvieren sind ("heute noch lässige 34km bis ins Ziel/bis Ende des Rennens noch entspannte 187km – kaum der Rede wert"), sondern sollte maximal bis zum nächsten Checkpoint denken. Und danach an den nächsten. Und danach weiter.

Die größte Herausforderung außerhalb des Rennens waren die Unterbringung (zu 6-8 in einem ganz einfachen Berberzelt; mit unseren österreichischen Zeltnachbarn hatten wir Glück), die Verpflegung (statt der für 7 Tage minimal festgeschriebenen 14.000 Kalorien hatten wir ca. 18.000 Kalorien im Rucksack, und es war für uns zu wenig) sowie vor allem der Mangel an Wasser (man erhielt nach jedem Zieleinlauf 4,5l, und musste damit bis zum nächsten Morgen inklusive Trinken, Nahrung kochen, persönliche Hygiene sowie Waschen durchkommen, und bestenfalls am Morgen noch 1l als Reserve übrig haben. Es ist vor diesem Hintergrund schon erstaunlich, wie sehr sich der menschliche Körper den Gegebenheiten anpasst, denn jeden Morgen aufs Neue standen wir relativ gut erholt an der Startlinie, und trabten in unserem Trott los.

Auch sonst veränderte sich das Verhalten der Menschen – so ist es den Veranstaltern doch tatsächlich gelungen, am letzten Abend mit einem simplen Versprechen ("Es gibt eine Überraschung zum Trinken; vielleicht Coca-Cola und Bier") fast alle Teilnehmer zum Gang zur Siegerehrung zu bewegen, und hunderte andernfalls kaum bewegungs- und aufnahmefähige Teilnehmer hörten sich über 1,5h irgendwelchen Quatsch an ("Wir bedanken uns bei den Sponsoren bla-bla-bla"), und standen anschließend mindestens 30min in der Kälte im Dunkeln in der aufgereihte Schlange für die eine Gratis-Dose Coca-Cola herum (Bier gab's dann doch nicht). In der Komfortzone des eigenen Wohnzimmers kaum vorstellbar !

Jetzt machen wir erst einmal eine 2 Wochen lange Trainingspause, und fangen anschließend wieder langsam mit dem Laufen an. Ende Juli werden wir von Pakistan nach Brasilien versetzt, und wollen dort wieder primär asphaltierte Strecken zwischen 5km bis 42km anvisieren. Möglicherweise ergibt sich bis dahin auch wieder ein Hangover-Wochenendtrip nach Berlin (siehe Lauf der Sympathie Mitte März) – dann würden wir uns natürlich melden, und hoffen, alle Claus-Runners wieder zu sehen.

Bis bald
Semjon und Nadine


Eine Kopie des Claus Runners "Live-Tickers" steht hier.